Curcumin bei Krebserkrankungen

Ohne es zu wissen, nehmen die meisten Menschen täglich kleine Mengen Curcumin zu sich, was als Farbstoff (E100) verschiedenen Lebensmitteln wie z.B. Margarine, Nudeln, Marmelade und Senf zugesetzt wird. Auch dem Currygewürz wird durch Curcumin seine leuchtend gelbe Farbe verliehen.

Curcumin ist eine Substanz, die in der Pflanze Curcuma longa vorkommt. Sie stammt aus Indien und Südostasien und wird auch Gelbwurz oder indischer Safran genannt. Verwendet wird, wie beim mit Kurkuma verwandten Ingwer, die Knolle. Es ist aber auch möglich, den Stoff, der chemisch als Diferuloylmethan definiert ist, synthetisch herzustellen.

Kurkumazubereitungen werden nicht nur als Gewürz, sondern auch als Heilmittel verwendet. In der ayurvedischen Medizin wird die Pflanze gegen Arthritis, Erkrankungen der Atemwege, Hautausschläge und Verdauungsstörungen seit mindestens 2000 Jahren eingesetzt.

Curcumin und Krebs

Curcumin geriet in den Blickpunkt der Wissenschaft, als die Häufigkeit von Krebserkrankungen in Indien mit anderen Ländern der Welt verglichen wurde. Dabei stellte sich heraus, dass im Vergleich zur indischen Bevölkerung bei US-Amerikanern die Häufigkeit von Prostatakrebs um das 17-fache und bei US-Amerikanerinnen die Häufigkeit von Brustkrebs um das 3,5-fache erhöht war. Auch andere Krebsarten treten bei Indern im Vergleich zu Menschen aus anderen Ländern deutlich seltener auf. Epidemiologen führen dies neben anderen Lebensstilfaktoren wie mehr Bewegung, weniger Kalorien, weniger Fleisch und Fett in der Ernährung und anderen krebshemmenden Nahrungsmitteln (Ingwer, Knoblauch) vor allem auf die tägliche Verwendung von Kurkuma in der Ernährung zurück.

Bei der Untersuchung der Inhaltsstoffe der Kurkuma an Krebszellen wurde festgestellt, dass das bereits erwähnte Curcumin (Diferuloylmethan) die Hauptwirkung gegen das Tumorwachstum hat. Wie unter anderem der indische Forscher Prof. Aggarwal herausfand, interagiert Curcumin im Labor mit mehr als hundert Rezeptoren, Wachstumsstoffen, Entzündungsbotenstoffen und Enzymen. Verglichen damit haben Chemotherapeutika immer nur einen Stoffwechselweg als Ziel. Dass Tumorzellen gegen onkologische Therapien oft schon nach wenigen Behandlungen resistent werden, ist daher nicht verwunderlich.

Die Stoffwechselwege und Rezeptoren, mit denen Curcumin in Wechselwirkung tritt, sind u.a.:

  • Der EGFR-Rezeptor: Er dient dem Krebsgewebe zur Teilung.
  • Der HER-2-Rezeptor: Er ist vor allem bei Brustkrebs ein wichtiger Wachstumsfaktor.
  • Cyclooxygenase und Lipooxygenase: Enzyme, die Entzündungen und Schmerzen verursachen.
  • Inflammatorische Zytokine: Sind Botenstoffe für Entzündungen
  • NF-kappa-B: Ist ein Protein, das an die Tumor-DNA andockt und eine vermehrte Zellteilung bewirkt.
  • Wachstumsfaktoren

Die Vielzahl der Rezeptoren und Stoffwechselwege, an denen Curcumin angreift, macht es den Tumorzellen schwer, sich zu wehren. Besonders wirksam ist Curcumin aber bei der Hemmung von Entzündungen. Da es kaum eine Erkrankung gibt, die nicht mit Entzündungen einhergeht, wird Curcumin neben Krebs auch bei Gelenkentzündungen, Magen-Darm-Entzündungen, Hauterkrankungen und sogar Alzheimer eingesetzt.

Curcumin wirkt nicht nur direkt auf Tumorzellen. Es beeinflusst auch das Immunsystem. Entzündungsauslösende Fresszellen werden wie durch Kortison gehemmt, allerdings ohne die entsprechenden Nebenwirkungen.

In der Forschung tauchte jedoch ein Problem auf: Curcumin ist nicht wasserlöslich. Derartige Substanzen werden im Darm aber bekanntlich sehr schlecht aufgenommen. Wie kommt es dann zu der vermuteten starken hemmenden Wirkung auf das Wachstum von Krebs in der indischen Bevölkerung? Bei der Untersuchung von Curry-Gewürzen fand man heraus, dass der darin immer enthaltene schwarze Pfeffer über seinen Hauptbestandteil Piperin die Resorption bis auf das Zwanzigfache erhöht. Die Resorption von Curcumin wird aber auch durch andere Substanzen, wie z.B. die Mehrfachzucker Cyclodextrine oder liposomale Zubereitungen, deutlich gesteigert. Diese Effekte treten vor allem im Magen-Darm-Trakt auf. In einer amerikanischen Studie mit Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer genetisch bedingten Erkrankung vermehrt Polypen im Darm entwickelten, konnten diese durch die Gabe von Curcumin um 60 % reduziert werden.

Während die orale Gabe von Curcumin zur Vorbeugung oder als Begleittherapie sinnvoll erscheint, ist der Nutzen bei einer manifesten Krebserkrankung oft nicht sichtbar. Im Labor zeigt sich jedoch eine deutliche Wirksamkeit bei einer Vielzahl von Tumorarten wie Brust-, Eierstock-, Darm-, Prostatakrebs und Leukämiezellen. Auch im Tierversuch zeigen sich deutliche tumorhemmende Effekte. Diese hängen immer mit den erreichten Gewebespiegeln dieser Substanzen zusammen. Es liegt daher nahe, Curcumin auch in Infusionspräparaten einzusetzen, da hier die Darmpassage umgangen wird und die Substanz direkt ins Blut gelangt. Auch hier ist die Wasserunlöslichkeit das Hauptproblem. Jede dieser Zubereitungen muss daher mit einem oder mehreren Lösungsmitteln versetzt werden. Nebenwirkungen von Curcumin-Infusionen sind fast immer auf diese Lösungsmittel zurückzuführen. So sind die Wirkungen des Lösungsmittels Alkohol bekannt, DMSO führt zu entsprechenden Ausdünstungen und Colliphor kann kurzfristig zu Blutandrang im Kopfbereich führen, stimuliert aber gleichzeitig das Immunsystem.

Besorgte Patienten fragen sich oft, ob biologische Substanzen die Wirkung von Chemotherapeutika stören. Bei Curcumin ist das Gegenteil der Fall. Nahezu alle Chemotherapeutika werden durch Curcumin in ihrer Wirkung verstärkt und es gehört daher zur Gruppe der Chemosensitizer, das sind Substanzen, die die Wirkung von Zytostatika verstärken. Eine Verabreichung in zeitlicher Nähe zur Chemotherapie ist daher sinnvoll.

Schlussfolgerung

Curcumin ist eine Substanz, die in Zukunft einen zentralen Platz in der biologischen Krebstherapie einnehmen wird.