Informierte Patienten leben länger: Die Bedeutung der Zweitmeinung in der Onkologie

Warum werden gerade bei Krebs so wenige Zweitmeinungen eingeholt?

Dies ist eine interessante Frage, denn bei anderen medizinischen Behandlungen haben Patienten oft gar kein Problem eine Zweitmeinung einzuholen, nehmen wir beispielsweise Zahnbehandlungen oder kosmetische Operationen. In der Onkologie ist es jedoch anders. Die Diagnose von Krebs ist existenziell, plötzlich wird man mit eingreifenden Therapien, langem Leiden und einem möglicherweise baldigen Tod konfrontiert. In dieser Situation fühlen sich viele Patienten wie gelähmt und sind nicht mehr in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen. Und Angst und Panik sind sicher keine guten Ratgeber!

So wird die erste vorgeschlagene Therapie ohne weitere Überlegung wahrgenommen, wichtig ist ja, dass schnell etwas passiert und dass keine Zeit versäumt wird. Dabei hat man gerade bei Krebs genug Zeit, sich eine zweite Meinung einzuholen. Denn wenn Krebs diagnostiziert wird, dann ist die Krankheit oftmals schon viele Monate bis Jahre im Körper, da kommt es auf einige Wochen in der Regel nicht an.

Finanzielle Gründe stehen einer Zweitmeinung in der Regel nicht im Wege. Bei gesetzlich Krankenversicherten ist die Zweitmeinung bei solch einer Erkrankung sogar ausdrücklich im Leistungskatalog enthalten, ebenso bei privat Krankenversicherten. Dennoch wird von dieser Möglichkeit kaum Gebrauch gemacht.

Manche Patienten haben auch Hemmungen einen anderen Arzt aufzusuchen, weil sie Angst haben den behandelnden Arzt zu enttäuschen und danach vielleicht schlechter behandelt zu werden. Das darf jedoch kein Argument sein. Ein guter Arzt wird gerne bereit sein eine zweite Meinung eines Kollegen mit in die therapeutischen Erwägungen mit einzubeziehen. Wir Ärzte sind doch Dienstleister und wir wollen unseren Patienten doch optimal helfen.

Was ist eine Zweitmeinung bei „Dr. Google“ wert?

Es gibt Patienten, die die modernen Medien nutzen auch für gesundheitliche Fragen. Leider ist dieses oft kontraproduktiv. So zeigen Untersuchungen, dass bei Google erhältliche Informationen zu Krebserkrankungen zu 75% nicht nur falsch, sondern sogar gefährlich sein können, vor allem wenn zugunsten einer Therapieempfehlung aus Google eine fachlich fundierte Diagnostik und Therapie nicht oder nicht rechtzeitig wahrgenommen wird.

Extrem wichtig erscheint daher die Aufklärung von Patienten (aber auch von Gesunden, die ja irgendwann Patienten werden können) über die Wichtigkeit einer Zweitmeinung bei schweren und existenziellen Erkrankungen wie Krebs. Dass ein bestmögliches „Know-how“ aus verschiedenen Quellen einfließt, sollte für jeden einzelnen Patienten genauso selbstverständlich sein wie bei allen großen Projekten in Wirtschaft und Politik.